Gartengeschichten von Uli Zimmermann

Die Gärten von Uli Zimmermann lassen einiges an Zeitgeist durchschimmern. Wenn er in zwei Einkaufswagen an der Südseite eines Mehrfamilienhauses Gemüse zieht, dann macht er das nicht nur, um frische Tomaten zusammen mit seiner Freundin Anne Kahn zu genießen, sondern um mit den bepflanzten Einkaufswagen demonstrieren zu können. Wenn er Kohle und Hänchenknöchelchen in die Erde einarbeitet, denkt er sicherlich an die Verbesserung des Bodens. Gleichzeitig gibt dieser Boden die Struktur der Schwarzerde aus dem Regenwald („Terra Preta“) wieder, über die die ökobewussten Alternativzeitungen berichten. Und wenn er schließlich seinen Sonnenofen – der stand am Anfang der Gartenidee – in der Nähe vom Bürgersteig aufstellt, dann wird es in drei Stunden ein Mittagessen geben. Doch wichtig ist dabei, dass während dieser drei Stunden CO2-frei gekocht bzw. gebacken wird.

Das öko-logische, autarke Modell gibt also Uli Zimmermann, wie auch vielen Gärtnern von heute, die Impulse zum Gärtnern in der Stadt. Nicht jedem Zeitgenossen ist es jedoch gegeben, so wie Uli diese Ideen zu erzählen. Man fühlt nach, wie sich die Pflanzen über die neue „Terra Preta“ freuen, wo früher die ausgebrannte Erde der Platensiedlung lag. Der Tomatenwald in den Einkaufswagen in Begleitung von Gurkenpflanzen, die sich um das Gelände vom gemeinschaftlichen Keller winden, zeigt sonnenklar, dass es sich dabei um ein Garten-Werk eines Frankfurter Originals handelt.

Taucht man in diesen erzählerischen Ozean, kommt eine andere Zeit zum Vorschein: Hier, auf dem Boden der Erinnerung, liegt die gärtnerische Parzelle der Nachkriegszeit, von der sich Uli mit seiner Mutter ernährte. Die Ringelblumen im urbanen Gärtchen Uli Zimmermanns sind versteckte Zeichen der Wiederkehr der alten Zeit. Die Kartoffeln im Betonbottich mitten in der Straße – also im jahrelang vernachlässigte Straßenmobiliar der Siedlung – stehen für etwas, was Uli auch von seiner Mutter erbte, was jedoch gegenwärtig, nicht sehnsüchtig ist: Es ist das Gefühl der Verantwortung für das wenige Grün, das man in der Stadt vor Augen hat.

Und da gibt es noch eine Dimension der Gartengeschichten von Uli Zimmermann. Die ist am stärksten dort zu erfahren, wo es um die kleinsten Gartenformen, wie z. B. eine Gabione, geht. Es sind Geschichten über das – enge – Zusammenleben verschiedener Pflanzen und Menschen: Novellen über den selbstbewussten Kohl, der die herumwachsenden Konkurrenten platt zu drücken vermag; Detektivstorys über die Tomatenstauden, die von unbekannten Garteninteressierten aus seiner Gabione auf dem Kirchplatz professionell und sauber ausgegrabenen wurden; Berichte über die Tomaten, die, von Früchten beschwert, auf die Ränder der Einkaufswagen ihre Zweige legen.

Stadtlabor unterwegs: Gartengeschichten von Uli Zimmermann from historisches museum frankfurt on Vimeo.

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